Zwischen Abkommen und Eskalation: Was bedeutet Trumps Politik für die Ukraine und Deutschland?
Shownotes
Gäste:
- Nico Lange, Senior Fellow bei der Münchner Sicherheitskonferenz
- Karina Mößbauer, Chefreporterin Politik (The Pioneer)
Host: Tobias Schmidt, Autor politik&kommunikation
Zentrale Themen und Thesen:
Einigung zwischen USA und Ukraine?
- Überraschende Verhandlungen: Nico Lange äußert sich überrascht über die Verhandlungen zwischen den USA und der Ukraine, da diese nicht im Krieg miteinander stehen. [00:01:26] Er deutet an, dass es sich um eine Art "Kleinkrieg" gehandelt haben könnte, bei dem die USA Druck auf die Ukraine ausgeübt haben.
- Strategiewechsel der Ukraine: Nico Lange interpretiert die ukrainische Zustimmung zu den amerikanischen Forderungen als taktischen Zug, um den Fokus von der Ukraine auf Russland zu lenken. [00:01:56]
- Mulmiges Gefühl: Tobias Schmidt thematisiert das unsichere Gefühl, da die USA militärische Hilfen ebenso schnell wieder abschalten könnten, wie sie sie eingeschaltet haben. [00:02:32]
- Abhängigkeit der Ukraine: Karina Mößbauer betont die Abhängigkeit der Ukraine von militärischer Unterstützung und Geheimdienstinformationen der USA. [00:02:47]
- Druck auf Russland: Karina Mößbauer sieht positiv, dass die USA möglicherweise den Druck auf Russland erhöhen könnten. [00:03:31] Sie zitiert Marco Rubio, der Russland als Friedenshindernis bezeichnet, sollten sie die Waffenruhe ablehnen. [00:03:43]
- Russland als Hindernis seit 2014: Nico Lange kritisiert die Annahme der USA, Vermittler zwischen Kriegsparteien sein zu müssen, da Russland bereits seit 2014 als Aggressor agiert. [00:04:09]
- Wandel in der US-Tonalität: Karina Mößbauer bemerkt eine veränderte Tonalität der USA, bei der Selenskyj zeitweise als "Diktator" und die Ukraine nicht mehr als Opfer wahrgenommen wurde. Sie begrüßt die Rückkehr zu einer differenzierteren Sichtweise. [00:04:34]
Europäische Sicherheit und Deutschlands Rolle
- Vertrauensverlust in die USA: Nico Lange sieht einen Vertrauensverlust europäischer Entscheidungsträger gegenüber den USA und betont die daraus resultierende Angst. [00:05:11]
- Europäische Eigenständigkeit: Nico Lange sieht Europa gefordert, mehr Verantwortung zu übernehmen und militärische Unterstützung für die Ukraine zu leisten, möglicherweise auch unabhängig von den USA. [00:05:40]
- NATO-Austritt der USA als Gefahr: Nico Lange warnt vor der Möglichkeit, dass die USA den Artikel 5 der NATO in Frage stellen oder sogar mit einem NATO-Austritt drohen könnten. [00:06:26]
- Europäische Sicherheitsdebatte ohne Deutschland?: Nico Lange kritisiert die deutsche Politik und warnt davor, dass wichtige europäische Sicherheitsfragen ohne deutsche Beteiligung entschieden werden könnten. [00:21:07] Er plädiert für eine aktive Rolle Deutschlands in der europäischen Sicherheitspolitik. [00:21:42]
- Führung durch Großbritannien und Dänemark: Nico Lange stellt fest, dass in Fragen der europäischen Sicherheit aktuell Großbritannien und Dänemark führend sind, während vermeintliche "Übereuropäer" weniger Initiative zeigen. [00:20:11]
- Mutlose deutsche Politik: Karina Mößbauer kritisiert eine "mutlose Politik" Deutschlands, die unbequeme Fragen umschifft und sich nicht ausreichend auf zukünftige Herausforderungen vorbereitet. [00:21:29]
- Abhängigkeit von den USA: Karina Mößbauer betont die massive Abhängigkeit Europas von den USA in Sicherheitsfragen und die Schwierigkeit, diese kurzfristig zu reduzieren. [00:07:56]
- Verlässlichkeit des Allianzsystems in Frage: Karina Mößbauer konstatiert, dass das verlässliche Allianzsystem möglicherweise nicht mehr existiert und Europa autarker werden muss. [00:07:35]
Trump-Faktor und mögliche Strategien
- Trumps Fokus auf Ölpreis: Nico Lange analysiert Trumps Strategie, den Ölpreis zu senken, um Russland finanziell unter Druck zu setzen. Er bezweifelt jedoch die kurzfristige Wirksamkeit dieser Strategie. [00:08:30]
- Russische Umgehungsstrategien: Karina Mößbauer weist darauf hin, dass Sanktionen durch Drittstaaten wie Indien unterlaufen werden und russisches Öl über Umwege wieder nach Europa gelangt. [00:09:40]
- Russland profitiert von Europas "Dummheit": Nico Lange kritisiert den indirekten Ölkauf Europas über Drittmärkte als "dumm" und widersinnig. [00:09:59]
- Disruption als Friedensbeschleuniger?: Tobias Schmidt fragt, ob Trumps disruptive Politik den Friedensprozess beschleunigen könnte. [00:10:18]
- Russland führt Krieg und Gespräche parallel: Nico Lange warnt vor der Illusion, dass Friedensgespräche unter Trump zu einem schnellen Waffenstillstand führen. Er prognostiziert, dass Russland den Krieg fortsetzen und gleichzeitig Verhandlungen für eigene Vorteile nutzen wird. [00:10:37]
- Trump will "Dealmaker" sein: Karina Mößbauer glaubt, dass es Trump weniger um Frieden als um sein Image als "Dealmaker" geht. [00:13:58]
- Mögliche Eskalation durch Trump: Karina Mößbauer und Nico Lange diskutieren die Möglichkeit, dass Trump bei Scheitern seiner Verhandlungsversuche zu Eskalation greifen könnte, z.B. durch verstärkte Waffenlieferungen an die Ukraine. [00:14:26], [00:14:34]
- Putin als berechenbarer Verhandlungspartner: Nico Lange betont Putins Berechenbarkeit in Verhandlungen und warnt vor überzogenen Erwartungen an Gespräche mit ihm. [00:14:38]
- Trump will Zelensky loswerden?: Tobias Schmidt thematisiert die Lesart, dass Trump Selenskyj loswerden und mit einem genehmeren Präsidenten verhandeln möchte. [00:15:47]
- Zelensky als "Dorn im Auge": Karina Mößbauer vermutet, dass Selenskyj Trump missfallen könnte, da er an seinen Überzeugungen festhält und sich nicht unterwirft. [00:16:02]
- Hohe Zustimmung für Selenskyj in der Ukraine: Nico Lange verweist auf Umfragen, die eine hohe Zustimmung für Selenskyj in der Ukraine zeigen und bezweifelt, dass ein anderer Präsident zu Zugeständnissen bereit wäre. [00:16:32]
- Kritik an Trump für "Diktator"-Vorwurf: Karina Mößbauer kritisiert Trumps Vorwurf, Selenskyj sei ein Diktator, als "grotesk" und betont Selenskyjs Verdienste um den Fortbestand der Ukraine. [00:17:11]
Deutsche Innenpolitik und Verteidigungsausgaben
- Schockstarre und schnelle Reaktion Europas: Tobias Schmidt beschreibt die anfängliche Schockstarre Europas nach Trumps Auftreten, gefolgt von einer schnellen Reaktion, insbesondere durch Großbritannien und Frankreich. [00:18:15]
- Deutschland im Interregnum: Tobias Schmidt thematisiert die deutsche Führungslosigkeit und das "Interregnum" aufgrund der Regierungsbildung. [00:23:16]
- Europäische Hauptstadt blicken auf Deutschland: Karina Mößbauer berichtet, dass andere europäische Hauptstädte die deutsche Führungslosigkeit wahrnehmen und sich Staats- und Regierungschefs direkt an Friedrich Merz wenden. [00:23:43]
- "Lame Duck" Kanzler: Karina Mößbauer bezeichnet den amtierenden Kanzler als "absolute lame duck". [00:24:17]
- Fehlerhafte Regierungsbildung?: Nico Lange kritisiert die lange Dauer der Regierungsbildung in Deutschland als Fehler und warnt vor den Folgen für die Handlungsfähigkeit des Landes. [00:24:46]
- Hohe Erwartungen an neue Regierung, schwaches Mandat innenpolitisch: Nico Lange sieht eine wachsende Kluft zwischen den hohen Erwartungen an Deutschland in Europa und der innenpolitischen Realität einer möglicherweise schwachen und kompromissorientierten Regierung. [00:36:12]
- Kritik an Schuldenfinanzierung der Verteidigung: Nico Lange und Karina Mößbauer äußern sich kritisch zur geplanten Schuldenfinanzierung der Verteidigungsausgaben und bemängeln fehlende Strukturreformen und eine klare Ausgabenstrategie. [00:27:35], [00:28:35]
- "Teils, teils" Reaktion auf Verteidigungspaket: Karina Mößbauer bewertet das geplante Verteidigungspaket als "teils, teils" angemessene Reaktion auf Trump, sieht aber auch innenpolitische Motive und Investitionsstau als Triebfedern. [00:26:48]
- Verteidigungsbudget ja, aber mit Reformen: Nico Lange befürwortet höhere Verteidigungsausgaben, fordert aber gleichzeitig grundlegende Reformen im Beschaffungswesen und in der Bundeswehr selbst. [00:28:57]
- Grüne als "Zünglein an der Waage": Tobias Schmidt und Karina Mößbauer diskutieren die Rolle der Grünen in den aktuellen Verhandlungen um das Verteidigungspaket und das Sondervermögen. [00:31:04]
- Riss bei den Grünen: Karina Mößbauer beschreibt einen Riss innerhalb der Grünen bezüglich der Zustimmung zum geplanten Finanzpaket. [00:31:46]
- Sondervermögen "muss kommen": Karina Mößbauer prognostiziert, dass das Sondervermögen am Ende kommen muss, da ansonsten die schwarz-rote Regierung scheitern würde. [00:34:40]
- Konkordanzdemokratie vs. Handlungsfähigkeit: Nico Lange analysiert das deutsche System der Konkordanzdemokratie und die damit verbundene Stabilität, fragt aber, ob in der aktuellen Lage nicht schnellere Entscheidungen und mehr Handlungsfähigkeit wichtiger wären. [00:35:03]
- "Whatever it takes"-Signal an Putin: Karina Mößbauer erläutert den Hintergedanken hinter der unbegrenzten Schuldenfinanzierung der Verteidigung als Signal an Putin, dass Deutschland bereit ist, "koste es, was es wolle" in die Verteidigung zu investieren. [00:37:21]
- Verwaltungsreformen und Beschaffungswesen als Bottleneck: Nico Lange und Karina Mößbauer thematisieren die Notwendigkeit von Verwaltungsreformen und Verbesserungen im Beschaffungswesen, um die Gelder effektiv einzusetzen. [00:38:00], [00:39:33]
- Europäische Rüstungskooperation als Lösung: Karina Mößbauer betont die Notwendigkeit europäischer Rüstungskooperationen, um Skalierungseffekte zu erzielen und Kosten zu senken. [00:40:50]
- Falsche Prioritäten im Beschaffungswesen?: Nico Lange kritisiert vermeintlich falsche Prioritäten im Beschaffungswesen der Bundeswehr und plädiert für moderne Technologien wie Drohnenabwehr und digitale Führungsfähigkeiten statt traditioneller Waffensysteme. [00:41:49]
- Grüner Stahl für Rüstungsgüter als Kompromiss?: Nico Lange schlägt ironisch vor, "grünen Stahl" für die Rüstungsproduktion zu verwenden, um einen Kompromiss mit den Grünen zu finden. [00:42:54]
Prognose zur Wehrpflicht
- Wehrpflicht-Comeback wahrscheinlich: Karina Mößbauer und Nico Lange erwarten beide die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht in Deutschland, wobei das "schwedische Modell" als wahrscheinlichste Form gilt. [00:43:22], [00:43:53]
- "Fragebogen-Halbpflicht" ohne Wirkung: Nico Lange kritisiert symbolische Maßnahmen und plädiert für eine klare Entscheidung und Umsetzung der Wehrpflicht, um sicherheitspolitische Ziele zu erreichen. [00:43:53]
- Allgemeine Dienstpflicht bessere Lösung, aber politisch unrealistisch: Nico Lange hält eine allgemeine Dienstpflicht für die bessere Lösung, sieht aber die politische Durchsetzbarkeit der "einfacheren" Wehrpflicht als wahrscheinlicher an. [00:44:45]
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