Ein deutscher Professor in Trumps Amerika

Shownotes

Gast: Prof. Dr. Rüdiger Bachmann, Professor of Economics an der University of Notre Dame in Indiana, USA. Host: Tobias Schmidt, Autor und Podcast-Host bei Politik und Kommunikation.

Ort der Aufzeichnung: Live im Quadriga Café, Berlin.

** Bachmanns Wahlprogrammanalyse für p&k:** https://www.politik-kommunikation.de/politik/deep-dive-ins-wahlprogramm-teil-1-wirtschaft-steuern-und-finanzen/

Zentrale Themen und Thesen:

Ein US-Papst (ca. 00:01:16):

  • Die Wahl eines US-amerikanischen Papstes wurde in den USA enthusiastisch aufgenommen. [ca. 00:01:43]
  • Rüdiger Bachmann sieht den neuen Papst als "Weltbürger" und "globalen Papst", der Hoffnung gegen grassierenden Rechtsautoritarismus verkörpert. [ca. 00:02:36], [ca. 00:04:15]
  • Der Papst kann einen wichtigen Kontrast zu Trump und dem "hässlichen Amerika" bilden. [ca. 00:04:38], [ca. 00:04:56]

Kanzlerschaft Friedrich Merz (ca. 00:05:18):

  • Merz' erste internationale Auftritte (Paris, Warschau, Brüssel, Kiew) werden analysiert. [ca. 00:05:18]
  • Die Kiew-Reise wurde als "richtiger Ton" und Zeichen des Aufbruchs gelobt. [ca. 00:05:37]
  • Allerdings wird die europäische Schwäche beim Thema Sanktionen gegen Russland kritisiert. [ca. 00:06:24]
  • Europäer seien nicht in der Lage oder Willens, Drohungen einzuhalten, und wirkten "weltpolitische Kinder" abhängig von den USA. [ca. 00:06:54], [ca. 00:07:23]
  • Rüdiger Bachmann schlägt vor, Waffenlieferungen zu machen, statt nur darüber zu reden, wenn man politisch handlungsfähig sein will. [ca. 00:08:03], [ca. 00:08:23]

Transatlantische Beziehungen und Donald Trump (ca. 00:08:37):

  • Das Kalkül, Trump durch Anrufe an Bord zu holen, sei eine Fehlkalkulation/Idiotie. [ca. 00:09:00]
  • Trump ändert täglich seine Meinung; sich auf ihn zu verlassen, ist naiv. [ca. 00:09:18], [ca. 00:09:29]
  • Ein Besuch von Merz in Washington wird erwartet und ist richtig, da Trump umworben werden will. [ca. 00:09:47], [ca. 00:09:52]
  • Merz wird zugetraut, mit Trump umzugehen, möglicherweise besser als Olaf Scholz. [ca. 00:10:13]
  • Rüdiger Bachmann rät Merz, "taff zu reden" und konkrete Maßnahmen zu präsentieren, um Trump zu beeindrucken, da Trump ein Macher sei. [ca. 00:10:50], [ca. 00:11:48]
  • Die US-Öffentlichkeit verfolgt deutsche Politik eher unter dem Radar, aber Merz' konservative und "Anti-Vogue"-Rhetorik findet Anklang bei bestimmten Republikanern. [ca. 00:12:10], [ca. 00:12:30]
  • Merz ist ein "emotionaler Pro-Transatlantiker", aber illusionslos bezüglich Trump im Vergleich zu Reagan oder Bush. [ca. 00:13:16], [ca. 00:13:43]

US-Sicht auf die AfD (ca. 00:13:33):

  • Trumps Interesse an der Einstufung der AfD als rechtsextrem sei gering; er sei unideologisch und transaktional. [ca. 00:13:58], [ca. 00:14:15]
  • Ideologische Figuren wie Marco Rubio und J.D. Vance sehen die AfD jedoch als ideologische Schwesterpartei, da sie ebenfalls die demokratische Ordnung abschaffen wollen. [ca. 00:14:22], [ca. 00:14:48]

Deutsche Innenpolitik: Die Schwarz-Rote Koalition (ca. 00:14:49):

  • Der lange Koalitionsvertrag wird als kleinteilig kritisiert und es fehle eine "große Vision" für Deutschland. [ca. 00:15:18], [ca. 00:15:50]
  • Einzelne Maßnahmen wie die Reform der Unternehmensbesteuerung und ein Investitionsbooster werden positiv bewertet. [ca. 00:16:16], [ca. 00:16:25]
  • Kritik gibt es an fehlenden konkreten Plänen zur Vollendung des europäischen Binnenmarktes (Kapitalmarktunion, Bankenunion etc.), hier gebe es nur "Lippenbekenntnisse". [ca. 00:17:48], [ca. 00:18:26]
  • Der Vertrag fokussiert auf "Wettbewerbsfähigkeit" (nach außen, große Firmen) statt auf "funktionierenden Wettbewerb" (nach innen, Verbraucherwohl). [ca. 00:18:49]
  • Die gelockerte Fusionskontrolle wird von einem Ökonomen kritisiert, besonders da die CDU historisch für funktionierenden Wettbewerb stand. [ca. 00:19:29], [ca. 00:19:38]
  • Zum Sondervermögen Bundeswehr und der Finanzierung ("Kanonen statt Brosche"): Die politische Linke sollte sich nicht auf das Mantra "Kanonen statt Butter" einlassen. [ca. 00:19:39], [ca. 00:19:55] Man kann Verteidigung und einen guten Sozialstaat haben, aber das erfordert höhere Steuern auf hohe Einkommen, Vermögen oder Erbschaften. [ca. 00:20:36], [ca. 00:20:41] Eine Erbschaftsteuer oder höhere Spitzensteuersätze werden gegenüber einer Vermögenssteuer bevorzugt. [ca. 00:20:58]

Handelspolitik (ca. 00:21:31):

  • Die vorläufige Einigung im US-China Zollstreit wird als Niederlage für Trump gedeutet ("Schwanz anziehen"), da China den längeren Atem hatte. [ca. 00:21:53], [ca. 00:22:33] Trump wird es als Sieg verkaufen, aber substanziell habe sich nichts geändert. [ca. 00:22:51], [ca. 00:23:03]
  • Ein bilaterales US-Großbritannien Freihandelsabkommen wird erwähnt. [ca. 00:23:11]
  • Die Idee, dass einzelne EU-Staaten bilaterale Handelsdeals mit Trump verhandeln, ist ein Traum von Europa-feindlichen Kräften in der US-Administration (Vance, Rubio) und wäre das Ende Europas sowie ein Verfassungsbruch. [ca. 00:23:39], [ca. 00:23:51], [ca. 00:24:11]
  • Europa müsse die Rolle einer benevolenten Großmacht annehmen und eigenständige strategische Außenwirtschaftspolitik betreiben. [ca. 00:25:51], [ca. 00:26:06]
  • Dies bedeutet, Handelspolitik mit Regionen in Asien (Vietnam, Indien) und Mercosur voranzutreiben. [ca. 00:26:12]
  • Afrika sei strategischer Kontinent Nummer eins für Europa; man müsse auf Augenhöhe agieren, Ressourcen (natürlich, erneuerbare Energie, Menschen) anerkennen und bei der Ausbildung helfen, ohne koloniale Attitüde. [ca. 00:26:41], [ca. 00:26:48], [ca. 00:26:55], [ca. 00:27:16], [ca. 00:27:43]

Angriffe auf die Wissenschaftsfreiheit in den USA (ca. 00:27:48):

  • Die Trump-Administration greift die Wissenschaft massiv an. [ca. 00:27:48]
  • Der erste Angriff zielte auf Mittelkürzungen für die harten Experimentalwissenschaften (NIH, NSF), nicht primär auf Geisteswissenschaften. [ca. 00:28:46], [ca. 00:29:00] Dies sei zum Teil "Idiokratie". [ca. 00:30:22]
  • Vier Angriffswellen werden detailliert:
    1. Mittelkürzungen (wie oben genannt). [ca. 00:30:30]
    2. Änderungen im Steuerrecht (Besteuerung von Stiftungsvermögen privater Unis, Drohung der Besteuerung wie börsennotierte Unternehmen). [ca. 00:30:45]
    3. Überregulierung (Nutzung von DEI-Gesetzgebung durch Republikaner für eine angebliche "Antisemitismus-Agenda" zur Mittelkürzung). [ca. 00:31:30], [ca. 00:31:53]
    4. Migrationspolitik (Bedrohung des globalen Talentpools, Abschreckung von Nachwuchswissenschaftlern). [ca. 00:32:02]
  • Es besteht das Risiko eines Braindrain aus den USA. [ca. 00:32:56]
  • Europa/Deutschland ist noch skeptisch als Ziel für US-Wissenschaftler; die "Pull-Faktoren" sind schwach. [ca. 00:33:01]
  • EU-Forschungsmittel seien im Vergleich zu US-Universitätsbudgets "lächerlich". [ca. 00:33:28]
  • Deutsche Koalitionsprioritäten liegen woanders (Verteidigung, Infrastruktur, aber auch Rentnerleistungen) statt bei der Wissenschaft. [ca. 00:33:49]
  • Deutsche Verwaltungsbürokratie ist ein Hindernis. [ca. 00:34:16]
  • Pull-Faktoren eher für Nachwuchs als für gestandene Professoren; Push-Faktoren (noch) nicht stark genug, solange Gehälter nicht bedroht sind. [ca. 00:34:31], [ca. 00:34:41], [ca. 00:34:58]

Ideologische Strömungen und Bedrohung der Demokratie in den USA (ca. 00:35:00):

  • J.D. Vance wird als "Schnittstelle" zwischen katholischem Kommunitarismus und libertären Oligarchen (wie Peter Thiel) gesehen. [ca. 00:35:22]
  • Diese Strömungen teilen eine Abneigung gegen liberale Demokratie; die einen sehen im Liberalismus Leid, die anderen die Einschränkung ihrer Macht. [ca. 00:36:05]
  • Die demokratisch-republikanische Grundordnung ist ihr "gemeinsamer Feind". [ca. 00:36:56]
  • Ihr Ziel sei ein Neo-Feudalismus, in dem das Volk Arbeitskraft stellt und spirituell erneuert wird, während eine Oligarchenkaste über den Regeln steht. [ca. 00:37:07]
  • Trump sei ein Instrument, um diese Gesellschaftsordnung durchzusetzen. [ca. 00:38:10]
  • Schritte in diese Richtung sind sichtbar, indem die Grundpfeiler der Demokratie "sturmreif geschossen" werden: Wissenschaftsfreiheit, Pressefreiheit, Unabhängigkeit der Justiz (Richterverhaftungen, Impeachment-Drohungen, Zwang zu Pro-Bono), offene Verfassungskrise (Missachtung von Supreme Court Anordnungen), Kunstfreiheit, Abdanken der Legislative zugunsten der Exekutive. [ca. 00:38:51]

Die Demokratische Partei (ca. 00:40:50):

  • Die Passivität der Demokraten ist schwer zu beurteilen. [ca. 00:41:13]
  • Positive Interpretation: Es ist eine Strategie, den Gegner Fehler machen zu lassen und auf Anti-Incumbent-Wahlen zu hoffen. [ca. 00:41:27]
  • Negative Interpretation: Sie haben einfach keinen Plan. [ca. 00:42:12]
  • Rüdiger Bachmann ist eher optimistisch bezüglich der Demokraten auf Bundesstaatenebene (Gouverneure). [ca. 00:42:41]
  • Die Strategie für die Midterms könnte eine Lokalisierung des Wahlkampfs sein, ohne zentralen Oppositionsführer in Washington. [ca. 00:43:36]

Persönliche Reflexionen (ca. 00:43:00):

  • Rüdiger Bachmanns Kinder sehen die USA als Heimat. [ca. 00:43:27]
  • Er hat viele Aspekte der USA lieben gelernt (Freundlichkeit, Offenheit, Umgang mit kultureller Heterogenität). [ca. 00:43:34]
  • Es fällt ihm zunehmend schwerer, die USA so zu lieben wie früher. [ca. 00:44:18]
  • Auch Deutschland bereitet ihm Sorgen (Stärke der AfD, potenzielle Berührungsängste der CDU). [ca. 00:44:25]
  • Es gibt keine "Insel der Seligen" mehr. [ca. 00:45:00]
  • Eine Rückkehr nach Deutschland ist derzeit nicht konkret geplant, könnte sich aber schnell ändern. [ca. 00:45:05]

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